Von Delfinen, Spinat und Pizza
- budisign
- Mar 31
- 2 min read

Nein, ich kann nicht alles haben, was ich will. Ich muss mich entscheiden. Entweder Urlaub in Sizilien oder eine Klettertour in den Rocky Mountains, oder mit den Delfinen schwimmen in Australien. Und was ist mit meinen Gaumengelüsten? Heute ist mir nach einer Kohlroulade zu Mute, à la Grandmama. Allerdings wäre ein Crêpe mit Thunfisch und Spinat auch nicht schlecht. Andererseits bin ich scharf auf eine vegane Pizza. Ja, was denn nun? Und wenn ich an die Wohnung denke? Ein neuer indirekter Deckenfluter wäre super. Doch vorher müsste eigentlich der Raum gestrichen werden. Oder wir sollten uns einen Hund zulegen. Dabei wäre ein E-Bike vielleicht doch sinnvoller.
Überall wo ich hinschaue, gefällt mir was, überall machen andere Menschen Dinge, die ich nicht mache, ständig hopsen mir Leute vor der Nase herum, die sich etwas erlauben, was ich mir nicht erlaube. Entweder fehlt mir die Zeit oder das Geld, oder die Traute, oder mein Partner ist dagegen, oder meine Mutter sagt JA und will selbst mitkommen zu den Delfinen. Oder der Fleischer hat gerade keine Kohlrouladen. Ich will alles – und zwar sofort. Und dann kann ich mich nicht festlegen. „Hast du alles richtig bedacht?“, hämmert es in meinem Kopf. Und wenn ich mich probeweise entschieden habe, so halb, so ein kleines bisschen, dann hämmert es von der anderen Seite: „Aber besser wäre der Hund!“ Ja, ich muss mich festlegen. Aber das will ich auch nicht, weil mir dann die anderen Sachen flöten gehen. Hier kommt die Sache mit den falschen Entscheidungen ins Spiel. Ich glaube im Vorhinein zu wissen, dass A eine völlig falsche Entscheidung sein wird, weil ich mein Lebensglück eben doch mit B oder C würde finden können. „Ach, hätt‘ ich nur!“, käme dann der Sturbock in mir zu Wort, „Wie konnte ich so blöd sein und mich auf einen Cockerspaniel einlassen, wo Golden Retriever doch viel kinderfreundlicher sind.“ Das ständige Bedauern beginnt und wird zu einer schleichenden Alltagsplage. „Nein“, müsste ich schreien, „nein, ich stehe zu meinen Entscheidungen, die ich getroffen habe, esse froh und munter Pizza, ohne an den Crêpe zu denken.“
Und wenn es anders kommt als ich erwartet habe? Wenn meine Tochter gar nicht dran denkt, meine großzügige Einladung in die Rocky Mountains anzunehmen? Ich muss den Preis dafür zahlen, dass ich mein Leben gestalte, klar und deutlich Entscheidungen treffe, meine Wünsche und Bedürfnisse spüre und versuche, sie zu realisieren. Und wenn ich aus der unendlichen Vielzahl der Möglichkeiten eine herausgegriffen habe, die meinen Erwartungen nicht entspricht, darf ich getrost das Bedauern lassen, die Selbstvorwürfe lassen. Zögern und Abwarten führen nur dazu, dass ich bei neuen Entscheidungen nur noch verunsicherter bin. Pizzen können auch mal versalzen sein, so ist das eben. Ich akzeptiere ja auch die Tatsache, dass mein E-Bike, das ich gestern erst gekauft habe, heute bereits 149 Euro teurer ist. Ich will nicht mehr so viel bereuen. Das gemeinsame Schwimmen mit den Delfinen war übrigens ein nicht zu toppendes Highlight. Wirklich. Basta. Es gib nichts auf der Welt, ohne Risiko.
Comments