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Häme und Ortofie

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Warum die Rechtsschreibung so wichtig sei (haben Sie eben genau hingeschaut?), habe ich in der Grundschule nie so recht verstanden. Da wurde ein riesen Trara drum gemacht. Mein Bruder ist auch in die Schule gegangen. Er ist Linkshänder, bei ihm hat keiner seine Linksschreibung bemängelt. Das fand ich ungerecht. Die Neigung seiner Schrift war viel stärker als bei mir, nur eben nach links. Als ich älter wurde hieß es dann Ortografie. Die kann man dir um die Ohren hauen. Das hat mein Deutschlehrer nie gewagt, aber eine Fünf habe ich ständig im Diktat bekommen. Wölfchen hat den Ernst des Lebens noch nicht begriffen, hieß es im Zeugniskopf. Das stand tatsächlich da. Allerdings habe ich das in meinem eigenen Kopf ganz anders gesehen. Ich fand das Leben damals lustig, weil ich immer viel gespielt habe. Der Ernst kam später, viel, viel später. Das hing mit dem Lachen zusammen. Weil die Mitschüler über mich gelacht haben, wenn ich an der Tafel stand und Buchstabn wegelasen habe. Oder wenn das „h“ felte bei einem Tema, dass wirklich wichtig ist. Ich glaube, das war beim „Mein Liblingsesen“. Der neue Lehrer hat von einer Felerkwote gesprochen, die bei mir erstaunlich hoch war. Ist. Ja, das ging so weiter bis ins Studium. Wieder Tafel, ja, damals gab es noch Kreide und Tafeln, da war wieder das „h“ wie bei „Hähme“ ganz großgeschrieben. Es ging um das doppelte „h“. Manche Wörter haben davon zwei Vertreter. Ich stand, ja, wieder im Stehen, alle konnten mich sehen und auch das, was ich schreiben sollte. Auf die Tafel. Hier kam tatsächlich die Profezeiung ins Spiel, die sich selbst erfüllt, nein, es ging um den sogenannten „gesunden Rütmus“, ich war einfach nicht konzentriert genug, war am Abend vorher Tanzen, völlig durchgeschwitzt („tzt“, sieht komisch aus), also ich stand da, völig übermüdet, und dan plötzlich die laute Stimme „Wegwischen, wegwischen!“ von der Dozentin, und das Wiehern (jetzt richtig!) der lieben Kommilitonen. Die „innen“ gab es damals nur in männlicher Form, die habe damals nicht gewieert, eher nur müde gegrient, vielleicht gedacht Klassenclown Wölfchen ist am Werk. Nun ja, das H verfolgt mich durch mein ganzes Leben, ständig stopere ich darüber. Deswegen mache ich auch Kreuzworträtzel. Wenn ein Wort nicht hinkommt, setzte ich ein h ein und schon stimmt ‘s. Nur heute war ich wieder ein wenig müde (zu viel Proseko), so wie an der grünen Tafel damals. Es ging um das gesuchte Wort für „Filmverleih“. Ich hätte auf der Hut sein können, weil Verleih mit h aufhört. Aber die Gewohnheiten, ich sage Euch, schwupps habe ich Videoteck eingesetzt, die Länge stimmte. Aber dann gings nicht weiter. Ja, wie soll das bloß mit mir weitergeen? Ich finde das mit dem Googeln zu umständlich. Wenn ich schreibe, bin ich nicht online, dann bin ich on Fluss, dann lasse ich meine Gedanken emmungslos fließen, das ist kreativ. Und überprüfen und kontrohlieren ist ja eine ständige Selbstbestrafung. Stehe zu dir! Sei spontan! Andere verstehen, was du sagen willst. Hier hat Häme heutzutage Hausverbot. Dann geht es doch eigentlich nur darum, liebe Leserinnen und Leser, ob Sie mir erlauben, so zu bleiben wie ich bin. Ist doch war.

 
 
 

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